“Where there is no imagination there is no horror.”
(wo es keine Vorstellungskraft gibt, gibt es keinen Horror) sagte einst Arthur Conan Doyle. Besonders Short Stories leben nicht nur vom Erzählten, sondern von dem, was im Ungewissen bleibt: Durch die vom Schreibenden bewusst gesetzten Auslassungen, die der Leser mit ganz eigenen Bildern und zuweilen seinen schlimmsten Ängsten füllt. Sie sind daher viel besser als der in allen Details auserzählte Roman dazu geeignet, das Rätselhafte, Unheimliche und sogar das vermeintlich Unaussprechliche lebendig werden zu lassen.
Dass die “Mörderischen Schwestern” den besonderen Wert der kurzen Form für ihr Genre honorieren, hat mir jetzt bewiesen, dass nicht nur ich so denke – und tröstet mich für eine Weile darüber hinweg, dass die Tradition der klassischen Short Story und kurzen Erzählung, die im anglo- und lateinamerikanischen Raum eine so große Bedeutung hat (nicht nur für das Krimigenre) im deutschsprachigen Literaturbetrieb eine so untergeordnete Rolle spielt. Ich war immer eine leidenschaftliche Leserin der Geschichten von Patricia Highsmith und Julio Cortázar (um nur zwei für mich wichtige Autoren zu nennen) und fühlte mich in der kurzen Form sofort zu Hause, als ich (recht spät) mit dem eigenen Schreiben begann. Ich wollte Schlaglichter auf die Welt meiner Figuren richten. Ich wollte beunruhigende Texte schreiben.
Der Markt da draußen richtet sich nur selten nach dieser persönlichen Anschauung. Doch manchmal gibt es auch Lichtblicke: Es macht mich besonders stolz und glücklich, dass mein Erzählungsband mit dem Arbeitstitel “Nachtseiten” jetzt die besondere Anerkennung des weitgespannten Netzwerks aus Krimiautorinnen, Fachfrauen und Leserinnen erhält – in Form des erstmalig vergebenen Arbeitsstipendiums der Mörderischen Schwestern. Ich bedanke mich besonders bei der Jury, deren Begründung mich darin bestärkt, weiterhin unbeirrt und stur wie ein Esel den schmalen Pfad entlang zu trotten, wo ich die echten und interessanten Geschichten zu finden glaube. Danke euch allen!

Dr. Anke Laufer erhielt eine Urkunde und einen Blumenstrauß und bedankte sich in einer kurzen, aber eindrücklichen Rede bei den Mörderischen Schwestern für das ihr verliehene Stipendium. Besonders stellte sie die große Bedeutung dieses Stipendiums für Frauen heraus: Die meisten Stipendien unterliegen Altersbeschränkungen, die einen Großteil der Frauen von vorneherein ausschließen. Gerade Frauen aber beginnen oft erst später im Leben mit dem Schreiben. Darüberhinaus sind eine große Anzahl von Stipendien an Aufenthalte in diversen Städten gebunden, sogenannte Aufenthaltsstipendien, die für Frauen mit Familie zumeist eine nicht überbrückbare Hürde darstellen. Das Stipendium der Mörderischen Schwestern sei daher eine große Chance für Frauen, die allein aufgrund ihres Alters oder familiären Verpflichtungen von einem Großteil der sonstig ausgeschriebenen Stipendium ausgeschlossen sind.

